Pfreimd. (td) Drei stellen aus, einer liest vor und einer beweist, dass er viel leiser Gitarre spielen kann, als man je gedacht hätte. Mittendrin "DJ Waschl", der sein neues Kunstkonzept aufgehen sieht und entsprechend entspannt wirkt.
In der "Downtown City Art Gallery" gab es Bilder und Plastiken von Julia Weber, Josef Reichl und Maria Heigl (von links) zu sehen. Die Werke entstammen den unterschiedlichsten stilistischen Richtungen und erzeugten bei der Vernissage ein anregend-spannungsvoller Nebeneinander. Bilder: Dobler (3)
Nachdem Josef "DJ Waschl" Reichl im März dieses Jahres die neugestaltete Discothek und Kunstgalerie "Downtown City Art Gallery" (Freyung 8) eröffnet hat, war ihm wichtig, dass sie ein Treffpunkt der lokalen Kulturszene wird. Diesem Ziel dient das Vorhaben, mehrmals im Jahr zu Vernissagen einzuladen, die der zwanglosen Präsentation von Gemälden und Plastiken und dem Gespräch dienen.
Vergangene Woche standen die beiden Malerinnen Julia Weber (30) aus Weiden und Maria Heigl (57) aus Pfreimd im Mittelpunkt. Überdies hatte Reichl selbst einige neue Werke aufgestellt, die sich in ihrer knallbunten Farbigkeit perfekt in das Pop-Art-Oevre des 59-Jährigen Gastronomen und Künstlers einreihen.
Intensiver Ausdruck
Die junge Weidnerin Julia Weber hat in Darmstadt Industriedesign studiert und in diesem Jahr in Weiden bereits Ausstellungserfahrung gesammelt, als sie im Februar eine Schau mit eigenen Werken unter dem Titel "Freiheit" zusammenstellen und präsentieren durfte. An die "Downtown City Art Gallery" kam sie auf ganz einfache Weise - sie arbeitet dort als Bedienung. Das Malen ist also der Freizeit vorbehalten, was aber der Intensität des Ausdrucks keinen Abbruch tut.
Stilistisch ist Julia Weber nicht festgelegt, wobei der expressive Gestus in ihren Bilder überwiegt. "So kommt es aus mir heraus", sagt sie. Bei der Vernissage wurden die Werke mit den kräftigen, intensiven Abstraktionen kontrastiert durch dunkle, aber sehr poetische und fein gearbeitete, florale Motive.
Heiterer geht es auf den Bildern der Pfreimderin Maria Heigl zu, die das Malen ebenfalls als Ergänzung zum normalen Leben sieht. Einige ihrer Blumen- und Strandmotive sind in der "Downtown City Art Gallery" versammelt. Eines davon war schon öffentlich zu sehen, als künstlerische Deko im Schaufenster einer örtlichen Apotheke. "Bei uns liegt das Malen in der Familie", versichert Maria Heigl und lacht.
Besonders gelungen ist das Gemälde, das in der Ausstellung mit "Flower Power" betitelt ist und ein flächiges Blumenstillleben zeigt, in dem erdige Töne vorherrschen. Das Gemälde "Sommerflirren" hingegen entführt sofort in die leichte Sommerseligkeit des Mittelmeeres.
Lesung im Garten
Gastgeber Josef Reichl hat sich für die aktuelle Vernissage in die Reihe der Ausstellenden eingefügt, wobei seine Collage "Niagara Falls" gewohnt anspielungsreich und materialreich in das Denken des energiestrotzenden Kreativen einführt. Am auffälligsten und ansprechendsten ist jedoch sein großes Objekt "Skyline", das an Entwürfe des Pop-Art-Künstlers James Rizzi erinnert. Wie Reichl verriet, gibt es Kontakte für eine Ausstellung seiner Werke in Regensburg.
Gegen 20 Uhr zogen die Anwesenden um, vom Inneren der "Downtown City Art Gallery" hinaus in den Biergarten hinter dem Haus. Dort trug dann bei sommerlich-angenehmen Temperaturen, die zum entspannten Zuhören einluden, der Pfreimder Lyriker Kurt F. Stangl einige seiner Gedichte vor. Seit über 30 Jahren ist Stangl als Autor aktiv und in der Region vielen Interessierten durch Lesungen bekannt. Auch "Der neue Tag" hat schon einen Text von ihm abgedruckt.
Besonders berührt hat ihn, als er kürzlich gesehen hat, dass eines seiner Gedichte in einer Todesanzeige zitiert wurde. "Es hat mich gefreut, dass die Menschen darin Trost fanden", versicherte er. Hannelore Lanzl, die Schwester von Josef Reichl, trug nach der Pause auf ausdrücklichen Wunsch von Stangl sein neuestes Werk vor. Diese kurze Geschichte mit dem Titel "Felix" schildert auf berührende Weise einen entscheidenden Moment zwischen Leben und Tod.
Begleitet wurde der Autor von Sebastian Reichl auf der akustischen Gitarre. Reichl ist eigentlich der Kopf hinter der Metal-Band "Deadlock", von der man extreme Phonzahlen gewöhnt ist. Hier aber spielte der Sohn von "DJ Waschl" ganz feine, leise Töne, die zu Herzen gingen und Stangls Texte sehr gut ergänzten.
Nachtleben - Josef Reichl hat seit 38 Jahren eine Disco in Pfreimd. Nun hat er sie zur Kunstgalerie umgestaltet - getanzt und getrunken wird dort aber weiterhin. Von Jürgen Scharf, MZ
Pfreimd. Josef Reichl, ein hoch aufgeschossener Mann mit drahtiger Figur, steht in seiner Diskothek und werkelt an einer Wand herum. Er hängt ein neues Bild auf, wie er es so oft in den vergangenen Wochen gemacht hat. Das Down Town, seine Disco, ist schließlich im wahrsten Sinne des Wortes wie eine eigene kleine Stadt - und wird nie ganz fertig sein. Vor 38 Jahren hat Reichl, der 59 Jahre alt und mehrfacher Opa ist, die Tanzkneipe in seiner Heimatstadt Pfreimd eröffnet. Er ist Inhaber, Geschäftsführer, Discjockey, Türsteher, und wenn der Laden plötzlich knallvoll wird, hilft er auch als Bedienung aus. Dem Reichl Sepp, wie er in Pfreimd genannt wird, ist das aber noch nicht genug. Er ist nun auch Galerist - und Künstler sowieso.
In Pfreimd, direkt an der A93 auf halber Strecke zwischen Schwandorf und Weiden gelegen, gibt es eine Bundeswehrkaserne, einen großen Kunststoffbetrieb, der früher Wilden hieß und heute Gerresheimer, und mehrere schöne Kirchen. Und es gibt eine Diskothek. Das Down Town ist in der gesamten Region bekannt. Ganze Generationen haben hier gelacht, getanzt oder sind einfach bei ein paar Whiskey-Cola versumpft. "Gemma noch auf eins ins Down Town" ist bei den Nachtschwärmern im Umkreis ein geflügeltes Wort. Dieser Spruch muss erweitert werden. Das Lokal heißt nun: "Discothek Down Town City Art Gallery Pfreimd Germany."
Der Reichl Sepp ist so was wie der bunte Hund der Stadt - und er weiß das auch. Dass er seine Disco jetzt als Kunstgalerie vermarktet, wird wieder für Gesprächsstoff in der Stadt sorgen. "Ach, a paar wern sicher sagen, dass er jetzt halt wieder a neue Spinnerei hat", glaubt Reichl. Das sei ihm aber egal, schiebt er hinterher. Er habe seine Ideen und seine Träume. Und mit knapp 60 sei bei ihm noch lange nicht Schluss. Fast jeden Tag sprudele etwas Neues aus ihm heraus. Manchmal auch nachts. Dann nimmt er seinen Notizblock und schreibt seine Gedanken nieder. Zwei Gedichte sind auf diese Weise entstanden. Daneben malt und bastelt er in jeder freien Minute. Nun zeigt er, was dabei entstanden ist.
Kunst, Tagebuchgepinsel oder Trash? Die Grenze ist bei Reichls Werken fließend. Verwendet hat er dabei alles Mögliche. Holz, Plastik, Stahl, Spiegelsplitter und natürlich ganz viel Farbe. Überall in der Disco hat Reichl nun seine Bilder aufgehängt, der Kneipe damit einen neuen Look verpasst.
"Im Kopf soll ein Bild entstehen"
The tree of wisdom, Baum der Weisheit, heißt eine Collage. Hell bemalte Spiegelsplitter stellen einzelne Gedankenlandschaften dar - und zum besseren Verständnis für die Betrachter hat Reichl sie gleich beschriftet. "Diamonds", "mountain", "broken dreams" oder "niagara falls" heißen die Segmente. An den Niagarafällen war er selbst zwar noch gar nicht, aber das mache nichts, meint Reichl: "Ich wollte, dass im Kopf ein Bild entsteht. Und dafür brauchst du etwas Starkes, so wie die Niagarafälle, egal ob du schon dort warst oder nicht."
Führungen durch seine Ausstellung macht Reichl gerne, auch zu später Stunde, selbst wenn in der Disco der Betrieb läuft. Dann wirft er am DJ-Pult schnell einen Song an, hüpft runter zu seinen Gästen und erklärt ihnen, was er sich bei diesem oder jenem Bild gedacht hat. Auch den versammelten Pfreimder Stadtrat hatte er unlängst zu Besuch. "Das hat allen sehr gut gefallen", erzählt der Pfreimder Bürgermeister Richard Tischler. Der selbst findet das Down Town als Farbtupfer des Lebens in der Gemeinde gut. Früher haftete Pfreimd bisweilen das Image einer fast zu ruhigen Stadt an. "Mittlerweile bewegt sich aber bei uns einiges", sagt der Bürgermeister. Es gebe mehrere Künstlergruppen, die was auf die Beine stellen. "Und das Down Town haben wir sowieso", sagt Tischler: "Das ist ist kein austauschbarer Disco-Tempel. Es ist Kult. Es gehört einfach zu Pfreimd. Da war ich einst als Jugendlicher und jetzt schaut mein Sohn auch rein."
Rückhalt von der Stadt kann der Reichl Sepp brauchen. Ausstellung hin oder her, sein Kerngeschäft bleibt der Partybetrieb. Auch mit seinen dunklen Seiten. Das Down Town liegt mitten in der Pfreimder Innenstadt. So lange wie er seine Disco hat, so lange hat Reichl auf Betrunkene einreden müssen, doch nicht auf die Straße zu pinkeln oder herumzugrölen und die Nachbarn aufzuwecken. Und erst an Ostern hat es bei einer Massenschlägerei in der Disco wieder mächtig gekracht. Mehrere Beteiligte mussten danach ins Krankenhaus. Reichl wollte zuvor schlichten, bekam im Tumult aber selbst eine Faust ins Gesicht. "Der Schlag hätte mir den Kiefer brechen können, ich hatte aber Glück und blieb unverletzt."
Ohnehin hat Reichl die vielen langen Nächte seines Lebens offensichtlich gut überstanden. Er ernährt sich vegetarisch, trinkt fast keinen Alkohol und treibt zum Ausgleich regelmäßig Sport. Vielleicht halten ihn einfach auch die vielen Eindrücke, die er Wochenende für Wochenende sammeln kann, jung. Fast 40 Jahre hat er in seiner Diskothek Menschen in allen Lebenslagen und Verfassungen beobachten können. Von überbordender Lebensfreude bis hin zu brutaler Aggression. Hat er dies alles auch in seinen Bildern einfließen lassen? "Ach, das will ich gar nicht so genau sagen, es muss sich auch nicht alles gleich sofort erklären lassen", meint er.
Vulkanische Blitze - sein Wahnsinn
Eine prächtig bunte Collage heißt "Two faces - two lovers". Das Durcheinander an farbigen Sprengseln ist so wild, dass es auf den Betrachter schon wieder beruhigend wirkt. Kunterbunt kommt auch sein "Atlantis"-Arrangement daher. Basierend auf dem Konzept des "Dark side of the moon"-Covers von Pink Floyd hat er die Wand hinter der Table-Dance-Fläche der Disco umgestaltet. Davor tanzen bei regelmäßig stattfindenden "Coyote ugly"-Partys leicht oder oben rum gar nicht bekleidete Damen. "Ja mei, ich bin hier in Pfreimd halt auch so was wie der Sündentempel", sagt Reichl mit einem Schmunzeln. Seine eigenen Abgründe spart er übrigens nicht aus. An die Decke hat er einen Vulkan und Blitze gemalt. Vulkanische Blitze - in diesem Naturphänomen finde er einen Teil von sich wieder: "Das ist mein Wahnsinn", sagt er.
Bildunterschrift: Josef Reichl vor einem seiner neuesten Werke "Sun, clouds, mountain, diamonds, eagle & aerie, niagara falls and broken dreams", oder auch kurz zusammengefasst: Schatzsuche in den Bergen
"Love and Peace" über dem DJ-Altar des selbsterklärten Althippies
Fotos: Daniel Pfeifer
Sepp Reichl ist ein begeisterungsfähiger und kreativer Mann. Seine neueste Kreation kann man betreten - und wird Bauklätze staunen.
Pfreimd. (td) Reichl ist in der Region bekannt wie ein bunter Hund. Genauso bunt wird sich ab morgen seine Discothek darstellen, die er im letzte Vierteljahr eigenhändig umgestaltet hat. Sie präsentiert sich nun so farbenfroh wie ein psychedelischer Traum und hat zu diesem Anlass auch einen neuen Namen erhalten: "Downtown City Art Gallery".
Das Etablissement gibt es sage und schreibe schon 37 Jahre. Im Februar 1978 hat Reichl die Disco aufgemacht, zwei Jahrzehnte später kam die benachbarte Musikkneipe "Yesterday" hinzu. Beide Lokale haben sich konsequent dem Zeitgeist widersetzt. Wer hingeht, fühlt sich zurückversetzt in die 1970er Jahre, als "Love and Peace" nicht nur Worte waren, sondern den Geist der progressiven Jugend ausdrückten.
So ein progressiver Jugendlicher ist Sepp Reichl noch immer - zumindest im Herzen. Denn wenn man mit ihm über seine Kunst spricht und sein begeistertes Glühen erlebt, mag man nicht glauben, dass er nächstes Jahr seinen "60." feiern wird. "Dafür reise ich in die USA", kündigte er an. In ein Land also, dass für Menschen wie ihn bei aller Kritik immer noch ein großes Freiheitsversprechen beinhaltet.
Frei ist Reichl auch in seiner Kunst, die sich wild und bunt mäandernd vom Fußboden über die Wände bis hinauf und inklusive der Decke im Raum breitmacht. Alles hat hier eine Bedeutung, jeder Farbstrich ist mit Querverweisen aufgeladen. Die dahinter stehende expressionistische Mythologie ist die des Geistes von Pop und Rock. Pink Floyd haben ebenso ihre Spuren hinterlassen wie die große Ideologie von Flower Power, also von Freiheit und dem Wunsch, sich selbst besser zu erkennen. "Jeder kann hier Anknüpfungspunkte finden", ist sich Reichl sicher, der viele persönliche Motive verarbeitet hat. Morgen Abend will er seine raumgreifende Farbexplosion erstmals öffentlich zugänglich machen.
Sepp Reichl hat seine Discothek "Downtown" im Geiste des psychedelischen Pop als bunte Farbexplosion mit hunterfachen, künstlerischen Querverweisen ausgemalt. Das Lokal hat für ihn damit zusätzlich die Qualität einer Kunstgalerie erhalten. Bild: Dobler
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